Digitalkonferenz zur Studie: „Kein aktuelleres Thema vorstellbar“

„Ich kann mir kein aktuelleres Thema vorstellen.“ – Rektor Manfred Bayer von der Technischen Universität Dortmund zur digitalen Diskussion über Journalismus und Gesellschaft

Das Forschungsteam hat über Zoom eine Diskussion zur Studie „Journalismus und Demokratie“ mit Gästen aus Politik und Journalismus veranstaltet. Ziel war es, aus der Debatte unter Vertreter*innen der beiden Gruppen weitere Anregungen für die Analyse der Studienergebnisse zu erlangen – und den Diskurs auch außerhalb des Forschungsvorhabens anzustoßen.

Die Studie unter Leitung von Michael Steinbrecher und Günther Rager widmet sich der Frage, welche Erwartungen verschiedene Gruppen an den Journalismus haben. Seit dem Frühjahr 2019 führt das Team Befragungen unter Journalist*innen und Politiker*innen durch. In der Konferenz „Die Gesellschaft und ihr Journalismus. Von Erwartungen, Idealen und Kritik“ diskutierten sie am 10. November mit Vertreter*innen aus Politik und Journalismus über erste Ergebnisse (einige Auszüge hier).

Misstrauen gegenüber Journalist*innen

Für die Begrüßung trafen sich alle Teilnehmer*innen gemeinsam in einem Zoom-Raum. Moderator Michael Steinbrecher leitete die Veranstaltung mit einem Beispiel aus einem früheren Masterseminar ein. Eine Journalistik-Studierende erzählte von dem Misstrauen ihrer Mutter, die das Radio am Essenstisch ausschaltete, weil sie die Sensationsgier der Medien nicht mehr ertrage. Solche Vorwürfe – auch aus dem engsten Kreis – sind für Journalist*innen nicht untypisch. Das macht einen konstruktiven Dialog über die Erwartungen an den Journalismus unerlässlich.

„In Anbetracht der momentanen Berichterstattungen zu Themen wie Wahlen, Klimawandel und der Pandemie kann ich mir kein aktuelleres Thema vorstellen“, bestätigt Prof. Manfred Bayer, Rektor der TU Dortmund, in seiner Videobotschaft an die Teilnehmer*innen: „Ich bin froh, dass auch in Zeiten der Pandemie die Tagung zumindest in diesem digitalen Format stattfinden kann.“ Nach der Einführung konnten die Teilnehmer*innen sich für eines von drei Panels entscheiden, in dem sie gemeinsam mit den Gästen unterschiedliche Aspekte des Themas diskutieren konnten.

Von Selbstverständnis, Glaubwürdigkeit und Fremdsicht

Das erste Panel beschäftigte sich mit dem Selbstverständnis von Journalist*innen. Dort diskutierten die freie Journalistin Celia Parbey, der Leiter des ZDF Studios in Washington Elmar Theveßen und Yannick Dillinger,  stellvertretende Chefredakteur der Augsburger Allgemeinen, über Grundsätze und Ziele ihres Berufes.

„Sehr guter Journalismus ist für mich Journalismus mit Haltung, kein Journalismus, der Objektivität vorgibt, die es so niemals geben kann.“

Celia Parbey

In dem zweiten Panel standen Glaubwürdigkeit und Kritik im Vordergrund. Wulf Schmiese, Leiter des heute-journals, und Margit Stumpp, Bundestagsmitglied und Sprecherin für Bildungs- und Medienpolitik der Grünen, sprachen über ihre Erwartungen an den Journalismus und was er in Zukunft besser machen sollte.

„Ich glaube, dass Journalismus an vielen Stellen schlechter wird. Ich glaube aber auch, dass er gleichzeitig besser wird. Es gibt zwei gegenläufige Trends.“

Stefan Niggemeier

Thema des dritten Panels war die Selbstsicht und Fremdsicht auf den Journalismus. Dort diskutierten Thomas Nückel, FDP-Sprecher für Medien im nordrhein-westfälischen Landtag, Jana Klameth, stellvertretende Chefredakteurin der Tageszeitung freie Presse, und der Medienkritiker Stefan Niggemeier.

„Ich darf meine Arbeit nicht danach ausrichten, wie die Berichterstattung bei anderen Leuten ankommt.“

Elmar Theveßen

Berichterstattung zur US-Präsidentschaftswahl

In der abschließenden Runde ging es aus aktuellem Anlass um die US Wahlen und ihren Einfluss auf den Journalismus in Amerika und Deutschland. Elmar Theveßen berichtete über persönliche Erfahrungen während der Berichterstattung zu den Wahlen, kritisierte aber auch das Vorgehen vieler US Medien. „Es wäre zu leicht, zu sagen, dass Donald Trump das Ansehen der Medien zerstört hat. Da haben die Medien durch ihre Bereitschaft, sich im politischen Spektrum zu positionieren und journalistische Grundprinzipien aufzugeben, auch selbst ein ganzes Stück zu beigetragen.“ Stefan Niggemeier gab außerdem zu bedenken: „Ich glaube, bei uns ist die Entwicklung nicht so schlimm wie in den USA, aber das ist kein Zeichen für Entwarnung. Es gibt diesen Empörungsjournalismus auch bei uns.“

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