Diskussion zu aktuellen Fragen der Meinungs- und Medienvielfalt
Freier und unabhängiger Journalismus ist für die Demokratie von existenzieller Bedeutung. Bereits deswegen müssen wir es ernst nehmen, dass in Deutschland sowie in anderen europäischen Staaten das Vertrauen in den Journalismus sinkt. Dies gilt insbesondere im Hinblick auf die Frage, ob Journalismus die Vielfalt gesellschaftlicher Meinungen repräsentiert.
Ziel der Veranstaltung soll es sein, diese und weitere Vielfaltsfragen in verschiedenen Formaten aus wissenschaftlicher und praktischer Perspektive in den Blick zu nehmen.
Sind Redaktionen vielfältig genug besetzt? Wie lässt sich Vielfalt regulatorisch erhalten und fördern? Aber auch: Kann mehr Vielfalt im Journalismus zu mehr Vertrauen in den Journalismus führen?
Veranstaltet von Prof. Dr. Tobias Gostomzyk / Prof. Dr. Michael Steinbrecher (Institut für Journalistik der TU Dortmund)
Wann: 7. Juli 2023
Wo: Vertretung des Landes Nordrhein-Westfalen beim Bund (Hiroshimastraße 12-16, 10785 Berlin-Tiergarten)
Programm der Tagung
Eröffnungskeynote: Wie steht es um das Medienvertrauen und die Medienvielfalt in Deutschland?
Prof. Dr. Michael Steinbrecher und Prof. Dr. Tobias Gostomzyk, beide TU Dortmund, werden die Veranstaltung eröffnen und in das Thema einführen. In einem gemeinsamen Vortrag geben sie ein Überblick zu den Begriffen Meinungsvielfalt, Medienvielfalt und Medienvertrauen.
In der Keynote wird es zum einen um normativ-rechtliche Erwägungen gehen. Zum anderen sollen Ergebnisse der Studie „Journalismus und Demokratie“ präsentiert werden.
Die einzelnen Themen:
1. Ist die politische Berichterstattung in Deutschland vielfältig genug? (Nachrichtensendungen, politische Talkshows, Print/Online-Medien)
Kritiker formulieren, die Leitmedien in Deutschland produzierten, gerade in Krisenzeiten, ein nahezu einheitliches Meinungsbild. Damit würden die Medien selbst die Demokratie gefährden. Wird dieser Eindruck dem politischen Journalismus in Deutschland gerecht? Wo setzt Selbstkritik im Journalismus an, wo ist Kritik unberechtigt? Kritiker, (Wissenschaft) und Programmmacher:innen sprechen miteinander.
2. Welche (innovativen) Formate im Journalismus können Vielfalt fördern?
Medienschaffende haben immer wieder neue, zum Teil innovative Formate entwickelt, die kontroversen Positionen Raum bieten. Welche dieser Ansätze sind geeignet, Vielfalt abzubilden? Welche partizipativen Formate bieten weiterführende Perspektiven? Aber auch: Wo stoßen solche Formate an ihre Grenzen? Anbieter*innen verschiedener Formate sollen hier zu Wort kommen.
3. Was wissen wir über die Diversität von Redaktionen und wie und wozu sollte sie gewährleistet werden?
Diversität ist in vielfältiger Form zu einem prägenden Diskussionsthema – nicht nur in Deutschland – geworden. Was bedeutet Diversität in Redaktionen? Wo sind Defizite, an welcher Idealvorstellung sollten wir uns orientieren? Was sind Vor- und Nachteile von redaktionellen Diversitätsstrategien? Verschiedene Positionen sollen hier miteinander ins Gespräch kommen.
4. Die Rundfunkräte des öffentlich-rechtlichen Rundfunks – und die Grenzen der binnenpluralen Abbildung gesellschaftlicher Vielfalt
Rundfunkräte sollen gesellschaftliche Vielfalt innerhalb des öffentlich-rechtlichen Rundfunks abbilden. Ihre Besetzung steht immer wieder im Fokus öffentlicher Debatten; gerade wird ihre Kontrollfunktion gesetzlich gestärkt. Es stellt sich die Frage, ob Rundfunkräte repräsentativ besetzt werden können und welche vertrauensbildenden Maßnahmen bei ihrer Aufgabenwahrnehmung helfen könnten. Positionen aus Wissenschaft, Politik und Praxis werden auf diesem Panel vertreten sein.
5. Wie wirken sich digitale Plattformen auf die Medienvielfalt aus?
Digitale Plattformen ermöglichen Vielfalt, aber sie verursachen auch Vielfaltsrisiken. So wirken sich Such- und Empfehlungssysteme auf die Wahrnehmung von Vielfalt aus. Auch führen digitale Plattformen zu herausfordernden Refinanzierungsbedingungen, gerade für aufwändig produzierte Inhalte. Und sie unterwerfen Inhalte einer Aufmerksamkeitslogik, die einem sachlichen, argumentativ geleiteten Meinungsbildungsprozess entgegenstehen können.
Fest steht: Plattformen führen zu einem Strukturwandel von Öffentlichkeit. Wie lässt sich Vielfalt unter diesen Bedingungen messen? Und welche tatsächlichen und regulativen Ansätze existieren, um Vielfalt – gerade auch für publizistische Leistungen – zu erhalten? Das multiperspektivisch zusammengesetzte Podium soll unterschiedliche Perspektiven beleuchten.
6. Media Freedom Act, Medienförderung, Medienkonzentrationsrecht – Welche Trends gibt es bei der Regulierung von Vielfalt?
Die aktuellen Entwicklungen werfen auch neue Regulierungsfragen auf. Wie kann man die Vielfalt im digitalen Zeitalter hinreichend sichern? Welcher Rahmen muss geschaffen werden, um publizistische Vielfalt zu gewährleisten? Wie kann man neuen Bedrohungen für den Meinungsbildungsprozess entsprechend begegnen? Wissenschaft, Politik und Medienpraxis diskutieren den aktuelle Stand der nationalen und europäischen Mediengesetzgebung.